Freitag, 9. August 2013

Und wieder kein schlüssiges argument, das für das »bandbreitenmodell« spricht (7)

Zitat:
»Auch wir würden gern auf dem unsichbaren rosafarbenen Einhorn nach Hogwarts reiten, um Magie zu studieren und u.a. Dobby den Elfen wieder ins Leben zurückzuholen.

Allerdings haben wir eingesehen, daß das unrealistisch ist «
Es weckt vertrauen, daß die »bürgerbewegung bandbreitenmodell« zugibt, zu »einsichten« auf kindergartenniveau fähig zu sein.

Harry Potter kann man nun nicht unbedingt als wissenschaftliches werk bezeichnen, das einen irgendwie weiterbrächte, wenn man sich damit befassen möchte, weshalb es den meisten menschen in diesem wirtschaftssystem alles andere als gut geht. Daß sich so wenig menschen mit den ursachen ihres elends befassen, liegt vielleicht auch daran, daß die menschen von kindesbeinen an daran gewöhnt werden, daß es angenehmer sei, sich in phantasiewelten zu flüchten, als sich mit der schnöden realität auseinanderzusetzen. Und dazu taugt der Harry Potter bald genau so gut wie der liebe gott.

Diesen Harry-Potter-blödsinn mag sich reinziehen, wer nichts besseres mit seiner zeit anzufangen weiß. Mit kommunistischer weltanschauung paßt diese arrogante, elitäre sicht auf die welt, in der die normalmenschen als »muggles« bezeichnet werden (kommt von engl. »mug« = dt. »trottel«) während einige auserwählte über besondere kräfte verfügen, nicht zusammen. Solche vorstellungen passen zu menschen, die sich damit abfinden, daß es hochwohlgeborene gibt, die etwas besseres sind (oder sein wollen), als das gemeine volk.

Kommunistisch gesonnene menschen glauben weder an magie noch an elfen. Stattdessen denken sie über die sauereien und deren ursachen nach, mit der normalmensch in dieser kapitalistisch organisierten welt alltäglich konfrontiert wird. Mit fabelwesen, wie auch immer die gestaltet sein mögen oder magie hat das nichts zu tun, wenn man sich über ökonomische zwangslagen gedanken macht.

Hier hat die »bürgerbewegung bandbreitenmodell« nichts zum thema sozialismus oder kommunismus ausgesagt. Hingegen wahrscheinlich eine ganze menge über sich selbst. Im folgenden wird es nicht besser, aber das muß jetzt bis zum bitteren ende ausgehalten werden. Durchhalten.
Zitat:
»Warum sind denn alle Versuche des Kommunismus bzw. Sozialismus gescheitert?«
Diese frage ist nicht so gestellt, als wolle man erkenntnisse darüber erhalten, welche art von schwierigkeiten staaten haben, die sozialistisch wirtschaften wollen. Geht doch von der frage gleichzeitig die behauptung aus alle sozialistischen staaten, die es je gab, seien gescheitert. Und das stimmt nicht. Derzeit gibt es einige, leider nur sehr wenige staaten, die sozialistisch wirtschaften - und wie sie das machen, ist vielleicht sogar kritikabel. Aber es gibt sie.

Deren wirtschaftsziel ist ein anderes als eine reiche minderheit auf kosten der mehrheit zu bereichern, wie es in »zivilisierten« ländern wie Deutschland oder den USA üblich ist.

Weshalb sozialismus scheitert, läßt sich dennoch erklären. Zum beispiel in Chile: Dort hatte es keine revolution gegeben. Dort war kein zar ermordet worden, dem man aus propagandagründen ein paar krokodilstränen hätte nachweinen können.

Salvador Allende war 1970 durch demokratische wahlen an die macht gelangt und begann, das land sozialistisch reformieren. Das stand jedoch internationalem kapitalinteresse im wege. Das land wurde von der »westlich-zivilisierten welt« boykottiert, weshalb es in wirtschaftliche schwierigkeiten kam. Im september 1973 kam es zu einem von den USA unterstützten militärputsch in Chile. Präsident Allende wurde in den selbstmord getrieben, seine anhänger wurden zu tausenden ermordet oder inhaftiert und gefoltert.

Mit der millitärdiktatur, die Pinochet errichtete, hatte kein land der »westlichen zivilitation« probleme. Die bekam wirtschaftshilfe. Der neoliberale vordenker Milton Friedman war persönlich vor ort.

Länder, die ihre ressourcen der kapitalistischen verwertung entziehen, werden von der kapitalistischen großmacht zu »schurkenstaaten« erklärt und mit unterschiedlichen mitteln terrorisiert. Daß sozialistische systeme oft nicht von langer dauer sind, liegt nicht daran, daß die nicht gescheit wirtschaften könnten, sondern daran, daß die nicht einfach machen können, was sie wollen und von außen unter druck gesetzt werden.
Zitat:
»Anhänger dieser Ideologie meinen dazu, es habe noch nie einen real existierenden Kommunismus/Sozialismus gegeben.«
Das ist nur die halbe wahrheit und somit schon eine ganze lüge. Wer sich an die zeit vor 1990/92 erinnern kann, könnte wissen, daß es ein realsozialistisches weltsystem gab. Wer etwas anderes behauptet, sagt etwas falsches. Was auch immer man am realexistierenden sozialismus der RGWstaaten kritikabel findet, sozialistisch gewirtschaftet haben die schon. Die betriebe waren vergesellschaftet und eine kapitalistenklasse für deren private bereicherung die werktätige bevölkerung ausgequetscht wurde, gab es auch nicht.

Im realsozialistischen selbstverständnis wurde der realsozialismus als übergansphase zum kommunismus gesehen, so weit kam es jedoch nicht.

Kommunismus hat es tatsächlich noch nie gegeben.
Zitat:
»Das ist ja gerade der Punkt.

Der Kommunismus/Sozialismus scheitert bereits, bevor er begonnen hat, weil die Voraussetzungen für ein Funktionieren gar nicht gegeben sind (siehe oben).«
Elektrisch licht hat es noch nie gegeben und wird es auch nicht geben, weil die voraussetzungen für ein funktionieren von elektrisch licht nicht gegeben sind. Somit scheitert elektrisch licht bereits, bevor es je begonnen haben könnte zu leuchten.

Es ist immer eine interessante sache, das funktionieren oder eben auch nicht funktionieren einer angelegenheit aus sich selbst heraus erklären zu wollen. Beim flüchtigen lesen mag es leuten, die es mit dem denken nicht so haben, erstmal plausibel erscheinen, als argument taugt das nicht.
Zitat:
»Küchentisch-Kommunismus

Die vollkommene Unmöglichkeit des Kommunismus hindert Kommunisten nicht daran, ihn als einzige (!) Lösung der ökonomischen, Gerechtigkeits- und Verteilungsprobleme zu fordern.«
Das stimmt zwar nicht, aber behaupten kann man es ja mal.

Kommunisten wissen sehr gut, daß es sehr viele unterschiedliche, mehr oder minder schlaue möglichkeiten gibt, die ökonomischen verteilungsprobleme zu lösen. Der kapitalismus, so wie er jetzt ist, ist eine der schlauesten ideen diese probleme zu lösen, wenngleich auch die niederträchtigste.

Der kapitalismus ist übrigens sogar supergerecht - da müßte man nur mal einen kapitalisten fragen. Der wird es absolut in ordnung finden, sich an der arbeitskraft anderer zu bereichern und wird sich selbst als »sozialen wohltäter«, der arbeitsplatze schafft, sehen. Und seien die arbeitsbedingungen noch so beschissen.

Die unmöglichkeit des kommunismus wurde von der »bürgerbewegung bandbreitenmodell« an keiner stelle bewiesen. Aber vielleicht liefern die das noch nach.
Zitat:
»Am heimischen Küchentisch, in Kneipendiskussionen und Foren läßt sich leicht träumen. Robert Misik schrieb unter "Verlorenes Paradies" 2011 in der taz über Kommunisten (und Sozialisten):
"Wir sind cool, die anderen fad. Wir radikal, die anderen angepasst. Kauft uns. ... Die, die sich in die maximal radikale Pose wirft, darf sich als toller, cooler Hecht fühlen und hängt denen, die nicht so radikal reden, das Image von faden, verzagten Luschis um. ... Dieser entleerte Radikalismus ... raubt denen, die sich ihm verschreiben, die Fähigkeit, wichtige Unterscheidungen zu treffen. Er verhöhnt alles, was innerhalb "des Systems" ... Verbesserungen bringen könnte. Für ihn zählt nur die ganz große Veränderung, das ganz Andere. Der Kommunismus, der kommt zwar noch lange nicht, und wahrscheinlich kommt er nie, aber alles, was bis dahin an realen Reformen gemacht werden kann, zählt nicht. ... Früher verlieh die Utopie des Kommunismus vielen zehntausenden Linken Kraft, sie hatte eine energetische Wirkung. Heute passiviert sie dagegen. Sie verleiht niemandem Kraft, sie raubt sie eher. Weil die kleinen, sukzessiven Änderungen ohnehin nichts bringen, die großen aber nirgendwo in Sicht sind, richtet sich der Kommunist wohlig ein in seiner Passivität. Er ist der keppelnde, übel gelaunte, besserwisserische Balkonmuppet, der nichts beizutragen hat als den Hinweis, dass die Reformer doch nur zur Stabilisierung des Systems führen. ... weltfremde Romantizismen , wie Andre Brie ... schrieb: "Absterben des Staates, völlige Herrschaftsfreiheit, absolute Überwindung der Warenwirtschaft, des Marktes und Geldes." Das Wort Kommunismus evoziert also nichts als eine Reihe leerer Imaginationen."
Im Unterschied zu Sozialismus, Kommunismus und anderen Utopien kooperativer Gesellschaften konzentrieren wir uns mit dem Bandbreitenmodell auf ein System, das alle 3 Grundvoraussetzungen ökonomischer Systeme (und Parteiprogramme) erfüllt: Es löst die adressierten Probleme.
Es ist umsetzbar.
Es ist mehrheitsfähig.«
Den Misik les ich von zeit zu zeit zwar recht gern. Sachdienlich ist sein kommentar in der grünen spießbürgerzeitung taz jedoch nicht. Schenkelklopfender antikommunismus ist auch nicht besser als jede andere form des antikommunismus. Und dann auch noch den »weichkäseonkel« zitieren, der heute drunter leidet, beim MfS gewesen zu sein, weshalb er dem system mit gleitkrem in den arsch muß, sonst wäre es womöglich aus mit der schönen karriere.

Der vergleich von kommunismus und paradiesversprechen des christentums, den der Misik in seinem kommentar zieht, ist hohl. Das paradies für christen gilt für die zeit nach dem tod, wenn sie sich hier auf erden ihrer herrschaft unterordnen.

Kommunisten sagen etwas völlig anderes. Sie versprechen kein paradies. Weder für die zeit vor dem tod und erst recht nicht für die zeit nach dem tod. Sie versprechen auch kein »schlaraffenland«, wo einem die gebratenen tauben von selbst in den mund fliegen. Kommunismus bedeutet eher tauben zum selberbraten. Nicht zu jeder zeit an jedem tag, aber dafür von zeit zu zeit für jeden.

Von der mühsal, etwas zu tun, damit es etwas gibt, kann man den menschen auch mit der besten technologie nicht befreien. Von der last, ständig den gewinn anderer erarbeiten zu müssen hingegen schon.

Zu den drei schlußphrasen:

Das bandbreitenmodell löst leider keine probleme. Es löst hingegen probleme aus, weil das kapital, das durchaus aufgefordert sein soll, gewinne zu machen, sich nicht in ein derartiges korsett zwingen läßt: Sozialgesetze gibt es bereits und allerorten werden sie schon jetzt übergangen, weil es klare abhängigkeitsverhältnisse gibt. Und die will das bandbreitenmodell eben nicht auflösen.

Um die umsetzbarkeit mache ich mir keine sorgen. Generell ist alles umsetzbar, womit man die leute traktieren kann.

Mehrheitsfähig ist sogar immernoch »schwarz-gelb«, obwohl die mehrheit eigentlich inzwischen mitbekommen haben könnte, daß die nichts gescheites fabrizieren.

Mehrheitsfähig ist auch h4. Die mehrheit sieht es so, daß es den »asis« recht geschieht, wenn sie wie der letzte dreck behandelt werden, weil sie verleugnen, daß sie morgen schon selbst dran sind. Oder zumindest sein könnten.

Man kann für alles mögliche sein. Für mich gibt es keinen grund, ausgerechnet für das bandbreitenmodell zu sein. Es hat keinen taug und eine alternative zum kapitalismus ist es ohnehin nicht.

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1 Kommentar:

  1. (Privat) Liebe Mechthild,
    hast Du Schwierigkeiten um Kommentare in meinem Blog zu geben?
    Weil, letztens habe ich die Freude nicht mehr…
    Danke im Voraus für Deine Antwort.
    Herzliche Grüße aus Antwerpen,
    Nadja

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