Donnerstag, 28. November 2013

Straßenbahn

Als ich neulich die straßenbahn verpaßt hatte, war mir der bleistift im rucksack abgebrochen, weshalb ich nicht zum zeitvertreib in mein notizbuch schreiben konnte, wie ich es gelegentich tue, wenn ich unterwegs bin und mir nicht gerade zum lesen zumute ist. Also mußte ich mir einen anderen zeitvertreib suchen.

»Dir werd’ ich erklären, was kommunismus ist.« Sagte eine stimme hinter mir. Die dame von knapp fünfzig jahren, die es gesagt hatte, meinte selbstverständlich nicht mich, sondern das kind von vielleicht zehn jahren, das sie begleitete. »Gut,« dachte ich. »Da höre ich zu. Da kann ich glatt noch etwas lernen.« »Stell Dir vor, Du hast ein haus und auch dem, den Du überhaupt nicht leiden kannst, gehört das haus genau so wie Dir.« Das kind fragte ungläubig, ob es auch mit demjenigen aus seiner klasse, den es am wenigsten leiden könne, sein zimmer hätte teilen müssen. Dies wurde bejaht.»Du hättest alles teilen müssen, auch mit denen, die Du nicht leiden kannst.« Das kam mir ganz schön christlich vor.»... und stell Dir vor: im fach ›Einführung in die sozialistische Produktion‹ mußte ich ohne bezahlung in einer fabrik arbeiten. Ich mußte plastteilchen sortieren und wenn die lange vor feierabend alle waren, weil nicht genug geliefert worden waren, haben die kollegen dort dann karten gespielt und schnaps getrunken.«

Da kam kreischend meine bahn um die ecke, weshalb ich nicht mehr mitbekam, wie die frau dem kind den »kommunismus«, der in der DDR zu keinem zeitpunkt realisiert war, eigentlich erklären wollte. So, wie sie angefangen hatte, überhaupt nicht. Völlig falscher ansatz. Schließlich war auch in der DDR nicht der häusliche privatbereich des menschen vergesellschaftet worden, man mußte also keinesfalls sein zimmer mit jedem teilen, sondern die produktionsmittel, was nun wirklich etwas völlig anderes ist.

P1000064In der Bonner Republik war es durchaus üblich, daß schüler durch praktika an das arbeitsleben herangeführt wurden. Nach belieben wurde die arbeit, die die schüler leisten mußten, bezahlt oder eben nicht. Geleistet wurde die arbeit nicht für den gesellschaftlichen mehrwert, sondern für die private bereicherung. Auch im westen passierte es, daß die arbeit vor der zeit erledigt war. Dann konnte man weder nach hause gegen noch mit den kollegen karten spielen oder einen heben. Man mußte so tun, als würde man arbeiten. Solche leerlaufzeiten gibt es in der heutigen arbeitswelt praktisch nicht mehr. Ist sie dadurch menschenfreundlicher geworden?

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